Eine fränkische Bilanz des zweiten Corona-Jahres 2021

Kommentar aus fränkischer Sicht vom Ehrenvorsitzenden Joachim Kalb

Medienprofessor Kilian Moritz eröffnete Anfang 2021 die „fränkische Saison“ mit einem Paukenschlag. Ein Umdenken, bezüglich der seit Jahrzehnten anhaltenden unerträglichen Unterrepräsentanz des „Fränkischen“, was Kultur und Unterhaltung im BR im weitesten Sinne betrifft ist angesagt. Die WiF-Ausgabe 1/21 befasste sich umfassend damit, abgesehen von der großen Medienresonanz im Frühjahr (Reportagen/Leserbriefe). Ein „erster Sinneswandel“ im BR deutete sich dann im Oktober durch eine gut gemachte Musiksendung mit dem Titel “Musik und Gesang aus Franken“ an, die auf Initiative der SZ-Zeitunggruppe und Herrn Professor Moritz zurückgeht und zur besten Sendezeit im BR-Fernsehen lief. Wir wollen mehr davon, und vor allem wollen wir unsere jahrhundertealte fränkische Kultur, Landschaft und Tradition nicht – wie sonst üblich – von Moderatoren im z.T. für uns unverständlichen altbayerischen Dialekt erklärt haben*. Es ist aber auch jetzt die Zeit für unsere fränkischen Kulturschaffenden aller Couleur, vor allem der Musiker und deren Fans, einen neuen Anlauf zu machen und sich an den BR mit konkreten Vorschlägen und Beiträgen heranzutreten.

Beim Tag der Franken 2016 in Hof beschwerte sich Bezirksheimatpfleger Günter Dippold, dass die Landesausstellung zum Thema Bier damals in Niederbayern stattgefunden hat. Der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer versprach ihm eine Landesausstellung Franken in Franken. Das Versprechen wird, so die Meldung im nächstem Jahr mit einer Landesausstellung der drei fränkischen Regierungsbezirke (in Bayern) „Typisch Franken“ vom Mai bis November im großen Rahmen in Ansbach stattfinden.

Nachdem der Wahlkampf im Juli langsam in die Gänge kam, kam auch wieder der seit 1999 entlarvende Bericht zum Industrieansiedlungsprogramm der Bayerischen Staatsregierung „Invest in Bavaria“, das auch unter einem aus Franken stammenden Ministerpräsidenten unverändert genauer „Invest in München /Oberbayern“ heißen müsste ist mehr als beschämend . Ein klares Indiz dafür, dass Herr Söder weiterhin duldet, dass es seit 2013 in Bayern in Kombination mit dem Heimatministerium ein Landesentwicklungs-programm gibt, das verbindlich vorschreibt, dass annähernd gleiche Lebensverhältnisse in allen Landesteilen herzustellen sind absichtlich von einem ebenfalls staatlichem Wirtschaftsprogramm (Invest in Bavaria) seit 22 Jahren systematisch unterlaufen wird.

 Auch Bundesminister aus dem Süden Bayerns wie etwa Herr Scheuer und seine Vorgänger ignorieren schon seit 30 Jahren erfolgreich die größte Bahn-Elektrifizierungslücke im europäischen Städteverbund zwischen Hof und Regensburg trotz Prioritätenliste. Abermals wieder verschoben und weggetrixt.

Die SPD-Landesfraktion beklagt in ihrem ersten „Gleichwertigkeitsbericht für Bayern“ vor allem eine Benachteiligung des ländlichen Raums gegenüber den großen Ballungszentren. MdL Klaus Adelt hat dazu 10 schriftliche Anfragen gestellt wie etwa zur Bevölkerungsentwicklung, Einkommen, Arbeit, Schulden, Kommunalfinanzen, Lebensmittel, Nahverkehr, Bahn. Letzteres auch hier ein Hauptproblem. Auch hier über Jahrzehnte die gleichen Dauerbrenner. Es erinnerte mich spontan an die zig Anfragen von MdL. Wolfgang Hoderlein (SPD) und MdL Christine Stahl (Grüne) in den 90ern und 2000er Jahren.

Im August lies uns eine bayernweite Schlagzeile „Der Hetzer mit der Lausbubenmaske“ kurz aufhorchen. Gemeint war Ludwig Thoma*, ein „Säulenheiliger der altbayerischen Kultur“, nach dem viele Straßen – auch hier in Franken – benannt sind. Wer kennt sie nicht, die BR-Filme aus den 60ern, die bis heute – wie auch die Folgen vom Chiemgauer Volkstheater – ständig wiederholt werden. Fast unbemerkt hat man herausgefunden, dass Ludwig Thoma, bevor er 1921 starb, einer der übelsten Hetzer vor allem gegen Juden war und sogar u.a. im Miesbacher Anzeiger dazu aufforderte, Menschen eines anderen Glaubens und einer anderen politischen Überzeugung umzubringen. Die nur 150 bis 200 Besucher jährlich im Ludwig-Thoma-Museum am Tegernsee erklären vieles.

Im September lief der Wahlkampf auf Hochtouren, natürlich auch mit allerlei unschönen Randerscheinungen. So meinten manche Journalisten/innen immer wieder seit Jahrzehnten erfolglose Vertreter der Bayern-Partei (eigener Bayern-Staat) ganze Seiten mit Interviews und Berichten widmen zu müssen, die eigentlich keinen interessieren, wie wenig später das Wahlergebnis zeigt. Immer wieder ein Ärgernis die Auftritte von AFD-Kandidaten, die z.T. im Visier des Verfassungsschutzes stehen, die wie so oft mit Deutschland- oder Bayern-Fahne, so leider auch zwischenzeitlich mal mit Franken-Fahne in der Presse auftreten. Gott sei`s gedankt, aber ohne Erfolg!

Gewählt wurde im September. Schon Anfang Dezember gab`s eine neue Regierung, die staatsbayerische Sonderrolle in der Bundesregierung ist jäh beendet, der Klimaschutz steht im Mittelpunkt, selbstverschuldet startet Corona zu einem Höhenflug durch. Was das für Franken bedeutet, war z.T. vorher schon klar.

Bezüglich des Klimawandels sind wir seit Jahren schon im Vergleich zum ostbayerischen Hügelland und zur Donauregion als Mainregion am härtesten betroffen. Zusätzlich müssen wir noch mit ansehen wie etwa die staatlichen Forstverwaltungen im fernen München durch ihre Fehlentscheidungen mithelfen z.B einen der letzten großen Buchenwälder  Deutschlands im Steigerwald zu vernichten.

 Was aber die damit verbundene notwendige Energiewende betrifft, haben wir gegenüber dem Süden einen eklatanten Vorsprung, der uns allerdings aus der deutschen Perspektive wenig Beachtung und wenig Ruhm einbringt, da wir ja – wie ich meine – leider kein eigenes Bundesland sind. Franken für sich betrachtet hat ein Vielfaches mehr an Solarparks, Fotovoltaikanlagen und Windräder aufzuweisen sowie an Leitungen mit Monstermasten, als „das selbsternannte Paradies auf Erden“ unterhalb der Donau. Dort muss sehr lange nach derartigen „Klimaverbesserern“ suchen. Anders bei der Verbreitung des Corona-Virus und dem Prozentsatz an Ungeimpften. Absoluter Spitzenreiter Südostbayern, und wir müssen es ungefragt mit ausbaden.

Von vielen unbemerkt hat uns Umweltminister Glauber aus Forchheim noch ein Strahlenforschungsinstitut nach Kulmbach geschickt, obwohl hier weder ein Atomkraftwerk noch ein Kernforschungsinstitut (München) ist. Es wurde zwar von mehreren Wissenschaftlern das nahe Fichtelgebirge wegen Erdbebengefahr und porösem Granitgestein als ungeeignet erklärt, ist aber nach wie vor als geeignet gelistet. Die Erfahrungen in Ländern wie Frankreich dokumentieren sehr deutlich , dass es bei Endlagern immer wichtig ist, dass es wenig Widerstand vor Ort gibt. Diese Voraussetzung ist im Fichtelgebirge durch die verlässliche CSU-Treue trotz stiefmütterlicher Behandlung durch München auf alle Fälle gegeben. Einfach mal drüber nachdenken!

Schöne Feiertage allerseits! Wenn`s geht, nicht mit einem „bayerischen Weihnachtsstern“ oder einer „bayerischen Orchidee“ vom Discounter Norma, sondern mit einem Seidla Bier, einem Glas Wein oder Glühwein aus unserer fränkischen Heimatregion. Halt  a xundbleim.

Joachim Kalb